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AnimalTestInfo

Datenbank zu Tierversuchsvorhaben in Deutschland

Was finden Sie in der Datenbank und wer steht dahinter?
Der Gesetzgeber hat dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) den Auftrag erteilt, allgemein verständliche, nichttechnische Projektzusammenfassungen von genehmigten Tierversuchsvorhaben in Deutschland anonym zu veröffentlichen. Die Datenbank AnimalTestInfo enthält für die Öffentlichkeit verständliche Projektzusammenfassungen der Tierversuchsvorhaben, deren Durchführung von wissenschaftlichen Forschungsinstituten der Universitäten, der Industrie und des Bundes beantragt und von den zuständigen Behörden der Bundesländer genehmigt wurden. (mehr)

Die Tierversuchsvorhaben müssen in Deutschland von den zuständigen Behörden der jeweiligen Bundesländer genehmigt werden. Ist das Vorhaben genehmigt, übermittelt die zuständige Behörde die Projektzusammenfassung an das BfR zur Veröffentlichung in AnimalTestInfo. Das BfR übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der Inhalte der Projektzusammenfassung. Diese liegt beim Antragsteller.

Die übermittelten Projektzusammenfassungen werden vom BfR innerhalb von 12 Monaten in AnimalTestInfo veröffentlicht. (einklappen)

Evaluierung von 2-AG als Biomarker
36
post traumatic stress disorder
2-Arachidonoylglycerin
monoacylglycerol lipase
endocannabinoid system
biomarker
-  Translationale und angewandte Forschung
   -  Nerven- und Geisteserkrankungen des Menschen
Ein Konzentrations-Zeitprofil von 2-AG soll mit und ohne Gabe der Testsubstanz im Blut, ISF und CSF erfasst werden, um 2-AG als Biomarker für klinische Studien nutzen zu können. Um möglichst viele Zeitpunkte nach der Substanzgabe abdecken zu können, wird den Tieren die Testsubstanz, nach einer jeweiligen Auswaschphase von mindestens 6 Tagen, mehrmals verabreicht.
Zur Analyse werden ISF-Proben aus den in vivo-Mikrodialysen, CSF-Proben aus dem Seitenventrikel, lumbale CSF-Proben sowie Blutproben gewonnen. Anhand der Proben wird das Konzentration-Zeit Profil der Testsubstanz im ZNS und in der Peripherie erstellt. Die Applikation der Substanz erfolgt hierbei über eine intravenöse Infusion.
In diesem Versuchsvorhaben soll untersucht werden, wie sich die 2-Arachidonoylglycerin (2-AG) Level bei der Gabe der Testsubstanz zur Behandlung des post-traumatischen Stress-Syndroms (PTSD) verhalten. Für die weitere klinische Testung zur Behandlung von PTSD ist es erforderlich, die Wirksamkeit genau nachzuverfolgen, dabei soll 2-AG als Biomarker dienen. Das beantragte Versuchsvorhaben ist Teil von Untersuchungen, deren Ziel es ist, verbesserte Ansätze zur Behandlung von PTSD zu entwickeln. Es ist folgenden in § 7a Abs. 1 TierSchG genannten Zwecken zuzuordnen:
- Vorbeugen, Erkennen oder Behandeln von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Be-schwerden sowie der
- Entwicklung und Herstellung sowie Prüfung von Arzneimitteln, Lebensmitteln, Futtermitteln oder ande-ren Stoffen oder
Produkten
PTSD zählt zu den Krankheiten, Leiden, Körperschäden, die bei Menschen, wie in §23, Absatz 2 Nummer 1b TierSchVersV aufgeführt, "lebensbedrohlich sein können oder zu einer Verminderung der geistigen Funktionsfähigkeit führen". Zusätzlich erfüllt das beantragte Versuchsvorhaben nach diesem Absatz die Punkte "Prüfung der Qualität" und "Wirksamkeit".
- Training zum Sitzen im Primatenstuhl über 2-5 Wochen (max. 3x pro Woche/ je max. 2 Stunden);
- MRT-Untersuchung (einmalig unter Narkose, Dauer ~ 1 h);
- Operativer Eingriff (einmalig unter Narkose, Dauer ~ 5h) Ablauf: Tier wird in Narkose gelegt, beatmet, in einen Kopf-Stereotakten gespannt, die entsprechende Stelle am Kopf rasiert, desinfiziert. Die OP erfolgt unter möglichst sterilen Bedingungen. Mittels medianem Hautschnitt im vorderen Drittel des Schädels, werden Periost und Muskulatur vom Zielgebiet entfernt und die Stellen mit Wasserstoffperoxid getrocknet. Blutungen aus Knochen werden durch Auftropfen eiskalter Kochsalzlösung oder Epinephrin gestillt. Unter Berücksichtigung der im MRT generierten Daten und der daraus berechneten Koordinaten werden die Führungskanülen für die Mikrodialyse bilateral im Putamen (caudate) gesetzt. Die Führungskanülen für die Entnahme von ventrikulärer CSF werden bilateral in den Seitenventrikeln platziert und mit Hilfe eines Kunststoffs befestigt. Zum Schutz der Kanülen werden passgenaue Abdeckungen, über den Führungskanülen in den noch nicht ausgehärtenden Kunststoff eingelassen. Der Knochen zwischen den Bohrlöchern wird komplett mit einer Paladurschicht (Kunststoff) abgedeckt.
Anschließend wird die Haut mit einer Intrakutannaht verschlossen.
- 6 Versuchssitzungen im Abstand von mindestens 6 Tagen, 1 Sitzung findet im Primatenstuhl statt und dauert max. 8,5 h, diese beinhaltet: Testsubstanzgabe (einmalig, intravenöse Infusion, Dauer je ~ 5 min), Mikrodialyse, 6 CSF-Entnahmen aus Ventrikel, max. 8 Blutentnahmen, 1x Lumbalpunktion (unter Narkose ca. 30 min)
- Entfernung des Kopfaufbaus nach Abschluss der Studie
Bei dem beantragten Versuchsvorhaben stellen die intrazerebrale Implantation der Führungskanülen und die dazu durchgeführte Narkose, die Sitzungen für die in vivo-Mikrodialysen mit den Probennahmen, sowie die Narkosen für die MRT-Messung und die Lumbalpunktionen, das Training der Tiere (positive Verstärkung), die Substanzapplikationen und die Operation zum Entfernen des Headsets die Belastungen dar. Da das Training der Tiere mithilfe positiver Stimulation in Form von Belohnungen abläuft, gehen wir hier von einer maximal geringen Belastung für das Tier aus. Die intrazerebrale Implantation der Führungskanülen und deren Entfernung stellt (mit allen damit verbundenen Eingriffen) eine mittlere Belastung dar. Von der Testsubstanz gehen bei der angewandten Dosierung keine Belastung aus.
Tierart   Anzahl
(beantragt) 
davon (beantragt)   Schweregrad (2010/63/EU Anhang VIII) 
Javaneraffen  6  0   Keine Wiederherstellung der Lebensfunktion
(Macaca fascicularis)    0   Gering
     6   Mittel
    0   Schwer

Tierart   Anzahl
(geschätzt) 
Geplantes Schicksal der am Leben bleibenden Tiere 
Javaneraffen  0   erneute Verwendung
(Macaca fascicularis)  6   Rückkehr in den vorherigen Lebensraum oder das Haltungssystem
   0   private Unterbringung
Den Versuchstieren werden nach Beendigung des Versuches die implantierten Führungskanülen entfernt und nach ausreichender Erholungszeit (mind. 14 Tage) zurück in die Kolonie transferiert. Eine Organentnahme ist aus bisheriger wissenschaftlicher Sicht nicht erforderlich.
Mit Ersatz- und Ergänzungsmethoden werden heute in vitro zelluläre und molekulare Wirkungsmechanismen neuer Substanzen und deren Dosierungen erfolgreich untersucht. Jedoch können durch diese Ansätze keine Fragestellungen beantwortet werden, bei denen in einem Gesamtorganismus ablaufende, komplexe Vorgänge erfasst werden müssen. Dieses beantragte Projekt beschäftigt sich mit der Pharmakokinetik der Testsubstanz und 2-AG im Blut, dem CSF und der ISF, die von dessen Aufnahme, Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung abhängen. Das Zusammenwirken mehrerer Kompartimente eines Gesamtorganismus wird benötigt (Blutkreislauf - Bluthirnschranke - CSF - Hirn/ISF) und kann somit nicht in vitro untersucht werden.
Durch die feste Fixierung der Führungskanülen für die in vivo Mikrodialyse und die ventrikulären CSF-Entnahmen ist eine wiederholte Verwendung der Tiere für die schmerzfreie ISF- und CSF-Entnahme möglich. Es wird die minimale Anzahl von Tieren für die Datenerhebung verwendet, so dass die erhobenen Daten es erlauben, eine statistische Analyse durchzuführen. Eine weitere Reduktion der Tierzahl ist deshalb nicht möglich. Zusätzlich durchlaufen alle Versuchstiere die verschiedenen Sitzungen mit einer entsprechenden Auswasch- und Erholungszeit, dadurch ist nur eine Gruppe von Tieren nötig.
Die Tiere werden an den Umgang mit Menschen und die Versuchssituation gewöhnt und in keine ihrer Wesensart widersprechende oder instinktwidrige Situationen gebracht. Nach der Operation erfolgt eine antibiotische Versorgung und eine Behandlung mit Schmerzmitteln. Während der Versuche werden die Tiere kontinuierlich beobachtet, beschäftigt und belohnt. Javaneraffen sind zum Goldstandard in der biomedizinischen Wirkstoffforschung sowie bei Zulassungsverfahren. Da
abgeschätzt werden soll, ob sich 2-AG bei der klinischen Testung der Testsubstanz zur Behandlung von PTSD eignet, ist es essentiell, für diese Studie eine Tierart einzusetzen, bei der der Übergang von Substanzen ins Gehirn und deren
Abtransport dem Menschen möglichst ähnlich ist.
Für diese Studie werden adulte Macaca fascicularis im Alter von 2.5 bis 4 Jahren beantragt. Da eine PK-Studie bereits an männlichen Javaneraffen durchgeführt wurde, ist es aufgrund der Vergleichbarkeit zwingend notwendig, in dem hier beantragten Versuchsvorhaben dieselbe Spezies und dasselbe Geschlecht zu verwenden. Javaneraffen sind eine der am besten charakterisierten nicht-humanen Primatenart in der biomedizinischen Wirkstoffforschung und gelten daher heute für diesen Forschungsbereich als Goldstandard mit einem hohen translationalen Stellenwert. Für Zulassungsverfahren oder in deren Vorfeld werden häufig Untersuchungen an Javaneraffen geplant und durchgeführt, da sie sehr viele Charakteristika aufweisen, die dem Menschen sehr ähnlich sind. Dies trifft insbesondere auf neurologisch relevante Untersuchungen zu, da die enge genetische Verwandtschaft zwischen Menschen und Javaneraffen in entsprechend hoher Vergleichbarkeit von neurologi-schen Strukturen und Funktionen resultiert (bspw. weisen beide ein gyrencephalisches Gehirn auf und die Blut-Hirn-Schranke ist sehr ähnlich aufgebaut).
Die Studie dient der Einschätzung des Biomarkers 2-AG im ZNS und in der Peripherie als Grundlage für die weitere klinische Testung der Testsubstanz beim Menschen. Deshalb wird als Versuchsorganismus eine Spezies benötigt, die möglichst nahe mit dem Menschen verwandt ist. Da bei NHP die BHS, der Stoffwechsel und die Gehirnanatomie dem Menschen besonders ähnlich sind (Hoshi et al., 2013; Chu et al., 2013; Verdier et al., 2015), ist es essenziell, diese Tiere für die Untersuchungen einzusetzen. Vorangegangene präklinische Sicherheitsstudien wurden ebenfalls teilweise in Javaneraffen durchgeführt (siehe Abschnitt 1.1.4.2), weshalb der Einsatz von Javaneraffen auch im hier beantragten Vorhaben eine Interpretation und Übertragbarkeit von Ergebnissen zwischen den Studien ermöglicht. Zusätzlich hat unser Auftraggeber in ex vivo Studien festgestellt, dass der Metabolismus von 2-AG in Nagern starke Unterschiede zum 2-AG Metabolismus im NHP/Menschen aufweist.
Es werden adulte Tiere im mittleren Alter verwendet. Dies dient dazu Variablen wie physiologische Unreife bzw. Alterseffekte auszuschließen. Insbesondere bei neurologischen Erkrankungen wie PTSD, können betagte Versuchstiere die Ergebnisse verfälschen.